Europäisches Christbaumproduzenten-Treffen vom 1. – 3. Juli 2024 in der Schweiz

Nach 2011 waren die Europäischen Christbaumproduzenten diesen Sommer wiederum in der Schweiz zu Besuch. Da wir hierzulande die ausländischen Gäste weniger mit weitläufigen Weihnachtsbaumkulturen beeindrucken können, wollten wir auch dieses Mal mit der landschaftlichen Vielfalt von Bergen und Seen punkten. Der bekanntlich sehr nasse Sommer 2024 spielte soweit mit, dass die Gruppe nie verregnet wurde, obwohl ein grosser Teil der dreitägigen Veranstaltung im Freien stattfand.

Heimatbasis der rund achtzig angereisten Christbaumproduzenten war der schmucke Ort Arbon am Bodensee. Von hier aus besuchte die Gruppe nach dem Begrüssungsapéro und Mittagessen am ersten Tag zuerst einen grossen Beerenbetrieb in Kesswil. Der Betrieb von Peter Knup kultivierte auch einige Zeit Christbäume, hat diesen Betriebszweig inzwischen jedoch aufgegeben. Er ist vom kleinen Obstbau-Familienbetrieb zum grössten Erdbeerproduzenten der Schweiz gewachsen.

Bruno Straub aus Hefenhofen ist wie viele im Christbaumanbau ein Quereinsteiger. Er vermietete ursprünglich Festinventar und begann 1996, um die «flauen Festzelt-Zeiten» zu überbrücken, mit dem Pflanzen und Verkauf von Weihnachtsbäumen. Der Betrieb Straub zählt in der Zwischenzeit mit etwa 50ha zu den grössten heimischen Christbaum-Produzenten. Auch bei der Festzeltvermietung gehört er zu den zehn bedeutendsten Anbietern. Wie bei vielen Schweizer Betrieben hilft, neben etlichen Angestellten, die ganze Familie bei Produktion und Verkauf mit. Auf dem Betrieb Straub fand nach einer ausführlichen Besichtigung der bunte Abend mit Alphornbläsern und Volksmusik gemeinsam mit den angereisten Schweizer Christbaumproduzenten statt. Familie Straub zeigte dabei, dass sie nebst dem Weihnachtsbaum-Anbau auch die Festwirtschaft beherrscht. Obwohl in kurzer Zeit insgesamt weit über hundert Personen zu bewirten waren, musste niemand durstig oder hungrig ins Bett.

Am zweiten Tag reiste man mit dem grossen doppelstöckigen Reisebus zum Präsidenten der IG Suisse Christbaum ins Voralpengebiet nach Flawil. Wie die meisten Betriebe hier produziert Stefan Oberholzer Weihnachbäume, als Nebenerwerb zur Landwirtschaft und Handel von Holz aus dem eigenen Wald. Der malerisch gelegene Hof ist ein gemischter Bauernbetrieb wie aus dem Bilderbuch. Die produzierten Produkte werden zusammen mit Erzeugnissen von Nachbarn im schmucken Direktverkaufsladen angeboten. Mit fürsorglicher Gastfreundschaft wurden die Gäste in der eigenen, geschmückten Scheune bewirtet und umsorgt. Besondere Beachtung fanden Oberholzers attraktive Blautannensämlinge.

Nachmittags hätten die Teilnehmer gerne zum Mittagessen die grandiose Aussicht auf dem Chäserrugg genossen. Leider war der Gipfel in Nebel gehüllt. Zum Glück war bereits die Anreise ins Toggenburg und der Fussmarsch über die Alpweiden und die Bahnfahrt auf den 2261m hohen Berg ein Erlebnis. Nach einem Zwischenhalt im Städtchen Appenzell wurde das Nachtessen in einem historischen Bauernhof in der Gegend nach alter Väter Sitte serviert, oder eben nicht serviert. Neben einem traditionellen Menu war auch die Einrichtung und die Bedienung auf ein damaliges Minimum reduziert. Man musste selber schöpfen und danach das Geschirr zusammenstellen. Der Service war, wie damals in der Schweiz üblich, eher etwas zurückhaltend und karg (wir arbeiten daran).

Am letzten Tag punktete Familie German mit einer spannenden Betriebsbesichtigung auf dem gemischten Bauernbetrieb in Goldach. Neben 14ha Weihnachtbäumen bewirtschaftet man mit einem Festangestellten und einigen Aushilfen 6ha Tafelobst, 1ha Grünspargel und Grünland. Auch 2000 Freiland-Legehennen sind hier zu Hause. Die meisten produzierten Produkte werden ab Hof verkauft. Grosses Interesse löste die Demonstration einer Drohne zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln aus. Das Gerät wird samt dem bedienenden Piloten gemietet. Durch den Einsatz einer Drohne kann auch in schwerzugänglichen Kulturen eine optimale Pflanzenschutzmittel-Behandlung sichergestellt werden. Ein weiterer grosser Vorteil ist, dass die Pflanzenschutzmittel sparsamer und gezielter ausgebracht werden können. Die Rotoren sorgen für eine willkommene Luftzirkulation in den Kulturen. Der Schadstoffausstoss und Lärm wird durch die Arbeit mit einer akkubetriebenen Drohne erheblich reduziert. Dies ist bei den Kulturen von Sepp German, die mitten im Wohngebiet liegen, ein grosser Vorteil.

Die An- und Rückreise nach Goldach fand mit dem Bus und historischen Fahrgast-Booten über den Bodensee statt. Nach dem Mittagessen in einem alten, umgebauten Industrieareal wiederum in Arbon, wurde die Sitzung der Delegierten der Europäischen Christbaumproduzenten im Hotel b_smart durchgeführt. Die Teilnehmer machten sich mit vielen gesammelten Eindrücken und neuen Freunden auf den Heimweg.

Die Schweiz hat etwa 9 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Der Ausländeranteil ist einer der höchsten in Europa und beträgt über 25%. Einige dieser Zuwanderer kennen keine Weihnachten mit Christbäumen in Wohnräumen. Das Land hat vier Landessprachen. In den relativ grossen französisch und italienisch sprechenden Gebieten sind Plastikbäume recht verbreitet. Diese sind in der deutschsprachigen Schweiz noch eher selten anzutreffen. Weihnachtsbaumkulturen sind meist in der Deutschschweiz, jedoch auch in der französischen Schweiz anzutreffen. Keine Christbaumkulturen sind im italienisch sprechenden Teil, dem Tessin zu finden.

Text und Bild freundlich zur Verfügung gestellt von Philipp Gut, Geschäftsführer IG Suisse Christbaum